Kampf der E-Mail Flut und dem Meeting-Wahnsinn im Unternehmen

Es ist ein Problem, das nahezu jeder kennt, der in einer größeren Organisation arbeitet: E-Mails werden von mehreren Personen mit einem großen Verteiler hin und her gesendet, die Betreffzeile enthält schon 15 FW oder AW und passt gar nicht mehr zum Inhalt der Nachricht. Termine für Meetings werden per Exchange-Kalender ständig angesetzt, wieder abgesagt, weil jemand nicht kann, obwohl er im Kalender frei ist, und erneut angesetzt.
Laut einer viel zitierten Studie „Lean Office 2006“ des Frauenhofer-Instituts verschwenden Büroarbeiter im Schnitt 32% ihrer Arbeitszeit – weil sie das richtige Dokument nicht finden und lange suchen müssen, weil Meetings nicht richtig organisiert sind, weil Mails hin und her gesendet werden und niemand mehr weiß, um was es eigentlich geht.
Vielleicht kennen Sie die 7 Arten der Verschwendung, die 7 Mudas. 7 Muda ist ein Begriff aus dem Japanischen und steht für die 7 Verschwendungsarten, die klassischerweise in allen Produktions- und Fertigungseinrichtungen zu finden sind. Oftmals sind den involvierten Akteuren die 7 Muda’s / Verschwendungsarten nicht einmal bekannt oder die Verschwendung wird als unkritisch eingestuft. Mit 7 Muda wird die Wertschöpfungskette ganzheitlich betrachtet, um die Verschwendung zu identifizieren.
- Verschwendung durch Transport (Material, Halbfertig- oder Fertigprodukte werden von A nach B getragen und dann nach C und wieder zu A)
- Verschwendung durch Lagerhaltung (zu viele Ware im Lager ist verschwendung)
- Verschwendung durch Bewegungen (Greifen, Tragen, Gehen oder sich Drehen im Umgang mit Produkten und Anlagen
- Verschwendung durch Wartezeiten (der größte Faktor der Verschwendung, Menschen und Maschinen, die warten müssen auf jemanden oder etwas, sind unproduktiv)
- Verschwendung durch Prozessverluste (Einsatz falscher, fehlerhafter, ungeeigneter oder nicht optimierter Prozesse.
- Überproduktion (Es wird zu viel produziert, das gelagert werden muss und vielleicht bald nichts mehr wert ist)
- Korrekturen und Fehler (Hierzu zählen fehlerhafte Produkte und Nacharbeit – somit alle Produkte, die nicht beim ersten Versuch in Ordnung sind)
Ich möchte einfach mal dieses beliebte und erfolgreiche Modell auf die digitale Kommunikation übertragen.
Verschwendung durch Materialbewegungen bedeutet z. B., dass Zeit verschwendet wird, weil E-Mails mehrmals angepackt und hin und her gesendet werden.
Die Verschwendung durch Bestände lässt sich leicht erkennen, wenn man sich manche Posteingange der E-Mail Programme ansieht. 2000 bis 3000 E-Mails sind keine Seltenheit. Das macht die Arbeit unproduktiv.
Die Verschwendung durch Wartezeiten ist auch bei der E-Mail-Kommunikation ein großes Thema. Man sendet eine Nachricht und wartet auf die Antwort, statt direkt zu fragen. Man delegiert eine Aufgabe, indem man die E-Mail weiterleitet, anstatt direkte eine Aufgabe mit Feedback-Funktion zu erstellen.
Mit der Verschwendung durch Bewegungen sind ständige, nervige Meetings gemeint. Die Verschwendung durch Verarbeiten äußert sich immer dann, wenn E-Mails ausgedruckt werden, damit sie dauerhaft vorhanden sind. Und die Verschwendung durch Überproduktion zeigt sich, wenn alle Personen, auch die, die es gar nichts angeht, in Kopie gesetzt werden.
Schließlich ist das noch die Verschwendung durch Fehler und Korrekturen. Wer viele E-Mails schreibt, hin und her sendet, macht häufiger Fehler als derjenige, der den Telefonhörer nimmt und anruft.
Wenn Sie sich diese Verschwendungsarten vor Augen halten, ist es vielleicht leichter, Lösungswege zu finden.
Wir haben vor einiger Zeit bei einem Kunden genau diese Situation vorgefunden. Niemand achtete im Unternehmen auf richtige Betreffzeilen, thematische passende Empfänger, kurze E-Mails. Einige arbeiteten mit Exchange Kalender, andere mit Papierkalender, Meetings waren oft ohne Agenda, ohne Protokollvorschriften und Verantwortlichkeiten. Kurzum: Die Effektivität der Unternehmenskommunikation lag am Boden.
In einem acht-monatigen Projekt hat team babel daraufhin die Mail-, Kalender- und Meetingkultur wieder hergestellt und jeweils mit maximal 10 goldenen Regeln versehen, die jede im Unternehmen einzuhalten hatte.
Dazu einige Beispiele:
- Mails nur an die passenden Empfänger senden
- Mails nur an die Empfänger, die die Mail wirklich benötigen
- 1 Betreff = 1 Mailthema und zwar passend
- Kalender diszipliniert pflegen
- Besprechungen nur über Outlook abwickeln
- Keine Besprechung ohne Agenda
- Keine Besprechung ohne Ergebnisprotokoll
- Keine Besprechung ohne Moderator
Am Ende des Projekts arbeiteten alle effizienter und das Unternehmen hatte die E-Mail Flut und den Meeting-Wahnsinn besiegt.
Foto: (c) Flickr / Alexander Witt / CC BY 2.0