Wo finde ich was? – Wikis im Wissens- und Qualitätsmanagement

Heute möchte ich Sie mit zwei typischen Szenen aus einem typischen Büro begrüßen:
Frau Schneider kommt in das Büro von Herrn Schmitz und fragt ihn, ob er weiß, wo sie ein bestimmtes Rechnungsdokument ablegen soll.
In einem anderen Büro trifft Herr Mayer die Frau Schulz und flüstert ihr peinlich in Ohr, er wisse nicht mehr genau, wo er auf dem Server die Urlaubsliste findet.
Der Grund für diese Szenen liegt oftmals an einem fehlenden oder schlechten Wissensmanagement und Ablagesystem. Vielleicht erinnern Sie sich an den Blogbeitrag zum Thema „Getting Things Done“. Dort habe ich u.a. das 5S/5A Prinzip zur Arbeitsplatzorganisation vorgestellt. Dies galt zwar für den Arbeitsplatz, ist aber durchaus auch auf ein ganzes Unternehmen übertragbar. Ein „A“ steht für „Aufräumen“, also Ordnung schaffen. Im Unternehmen kann man natürlich auch physisch Ordnung schaffen in Regalen, Räumen und auf Schreibtischen. Mir geht es aber vielmehr um Ordnung in das Wissen der Mitarbeiter zu bringen, indem man z.B. ein Wiki einführt.
Wikis sind einfach zu nutzende Online-Plattformen für den Austausch von Informationen und Dokumenten. Es genügt ein Browser, um Beiträge zu schreiben, zu editieren oder ganze Dateien ins Wiki einzustellen. Der Name Wiki stammt aus der hawaiischen Sprache und bedeutet »schnell«. Die dortigen Schnellbusse heißen „Wiki Wiki“, wobei die Verdoppelung im Hawaiischen für die Steigerung »sehr schnell« steht. Der Transfer zu den Redaktionssystemen zur textbasierten Zusammenarbeit ist dann wohl leicht hergestellt.
Die Grundidee bei Wikis ist das gemeinschaftliche Arbeiten an Texten, ggf. ergänzt durch Fotos oder andere Medien. Dadurch, dass jeder Teilnehmer einfach über den Browser mitwirken kann, gelingt eine kollaborative Sammlung von Wissen. Jeder kann sein Wissen im Wiki ablegen und anderes Wissen ergänzen. Durch das Hinzufügen von Schlagworten und Kategorisierungen wird eine Struktur aufgebaut, die das Recherchieren in dem »konservierten« Wissen einfach macht. Das wohl bekannteste und größte Beispiel ist die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia. Darüber hinaus gibt es unzählige private und projektbezogene Wikis wie Wiktionary, ein Wiki mit Bedeutungserklärungen, Synonymen und Übersetzungen oder das Wikiquote, ein Wiki voller Zitate.
Durch den Erfolg von Wikipedia beflügelt, haben viele Unternehmen begonnen, Unternehmenswikis aufzubauen, um das Wissen ihrer Mitarbeiter unternehmensintern zu sammeln und transparent zu machen (Wissensmanagement). Beispiele sind Bosch Rexroth, Pfizer, Fraport, IBM, IDS Scheer u.v.m. Dort kommen die Wikis in den verschiedensten Bereichen zum Einsatz, sehr oft im Umfeld von Produktmanagement und -entwicklung. Immer geht es darum, Wissen von Mitarbeitern für Mitarbeiter jederzeit schnell verfügbar zu machen. In der Personalwirtschaft finden Wikis häufig ihren Einsatz, um neue Mitarbeiter schnell und einfach in Prozesse und Workflows einzuführen (zum Beispiel mit Hilfe eines Personalhandbuches in Wiki-Form).
Hätten die oben genannten Firmen ein Wiki z.B. als Organisations- oder Personalhandbuch gehabt, so hätte Frau Schneider Herrn Schmitz nicht fragen müssen, wo sie ein bestimmtes Rechnungsdokument ablegen soll. Herr Mayer hätte schnell nachschauen können, wo sich auf dem Server die Urlaubsliste befindet und sie dort auch bearbeiten können.
Faktoren für ein erfolgreiches Wiki
Nicht jedes Unternehmenswiki ist bzw. wird eine Erfolgsgeschichte. Welche Faktoren eine Rolle spielen für die erfolgreiche Einführung eines Unternehmenswikis, zeigt der Wiki-Experte und Buchautor (vgl. Buchtipp in unserem Newsletter: Enterprise Wikis – Die erfolgreiche Einführung und Nutzung von Wikis in Unternehmen) Martin Seibert. Er identifiziert drei Faktoren, von denen eine erfolgreiche Wiki-Einführung im Unternehmen abhängt: die technologische, die organisatorische und die kulturelle Komponente. Dabei trägt alleine die organisatorische Komponente zu etwa 50 Prozent zum Erfolg einer Wiki-Einführung bei.
Die technologische Erfolgskomponente wird durch die Wahl der richtigen Wiki-Engine definiert. Leider ist das Angebot an guten Wiki-Engines fast unüberschaubar. Wer ein Wiki einrichten will, hat also die Qual der Wahl. Die englische Seite WikiMatrix bietet Ihnen an dieser Stelle ein umfassendes Wissen über Wikis und macht die Systeme sogar miteinander vergleichbar. Anhand der Kriterien, die man persönlich an ein Wiki stellt, wird man dort zum passenden Wiki geleitet.
Für den Wiki-Experten Martin Seibert haben die organisatorischen Faktoren die größte Bedeutung im Wiki-Prozess. Denn hier wird der Grundstein gelegt für den Erfolg oder Misserfolg. Es sind einige organisatorische Maßnahmen notwendig, um typischen Problemen und Hemmnissen bei Wiki-Projekten vorzubeugen. Dazu gehören u.a.:
1. Der Nutzen des Wikis wird den Teilnehmern nicht schnell genug klar.
2. Schwierigkeiten, Teilnehmer für die Nutzung des Wikis zu motivieren.
3. Zu wenig Mitarbeiter, die aktiv und häufig Informationen ins Wiki stellen.
4. Teilnehmer nutzen lieber alte Tools und boykottieren das Wiki.
5. Schwierigkeiten, die Informationen aktuell zu halten.
Auf den ersten Blick erkennt man, dass die Punkte 2 bis 4 eng zusammengehören und das bekannte Problem der mangelnden Motivation und der bestehenden Ängste und Vorurteile darstellen.
Was die dritte kulturelle Komponente angeht, so dürften die Erfolgsvoraussetzungen eigentlich jedem klar sein: Das Unternehmen muss eine offene Kultur vorhanden sein, in der jeder bereit ist, das eigene Wissen zu teilen. Zudem muss das Wiki von allen Ebenen bis hin zum Top-Management getragen werden und die aktive und regelmäßige Wiki-Nutzung muss den Mitarbeitern vom Management vorgelebt werden. Wichtig ist auch der Umgang mit Fehlern. Was passiert, wenn jemand falsche Informationen ins Wiki stellt? Hier helfen klare und transparente Spielregeln.
Falls es Sie interessiert: Wir von team babel haben vor einigen Jahren ein Wiki als Wissensmanagementsystem auf Basis von DokuWiki eingeführt, das sich streng an den Normen der ISO 9000ff orientiert und damit auch zu einem QM-Handbuch als Teil unseres Qualitätsmanagements geworden ist.
Falls ich Sie jetzt davon überzeugen konnte, zumindest über ein eigenes Unternehmenswiki nachzudenken, freue ich mich über Ihre Ideen und Meinungen dazu. Falls Sie bereits ein Wiki im Unternehmen haben, freuen sich meine Kollegen, die Leser und ich über Ihre Erfahrungen.
Bildquellen:
WikiWiki: wikipedia.org / Andrew Laing (CC-Lizenz BY-SA 3.0)
Erfolgsfaktoren: Martin Seibert, Seibert Media GmbH
Eine Antwort
[…] eingesetzt werden kann, haben wir schon des Öfteren im Blog und in Vorträgen erklärt, u.a. hier und […]